Zur Umsetzung eines Teils der vom Grossen Rat in der Novembersession beschlossenen Massnahmen sind Gesetzes- und Dekretsänderungen nötig, die nun in die Vernehmlassung gehen:
Gesetz über Inkassohilfe und Bevorschussung von Unterhaltsbeiträgen:
Mit der Motion 270-2012 vom 29. November 2012 verlangte Grossrätin Melanie Sarah Beutler-Hohenberger, dass die Alimentenbevorschussung im Kanton Bern der Praxis anderer Kantone angeglichen werde. In seiner Beantwortung unterstützte der Regierungsrat grundsätzlich das Bestreben, die Alimentenbevorschussung einkommensabhängig zu gestalten und beantragte dem Grossen Rat die Annahme der Motion. Im Rahmen der Angebots- und Strukturüberprüfung (ASP 2014) hat der Regierungsrat die Koppelung der Alimentenbevorschussung an das Einkommen als umzusetzende Massnahme verabschiedet. Alimentenbevorschussung erhält in Zukunft nur, wer ein bestimmtes Einkommen (bzw. Vermögen) nicht erreicht. Dieser Grundsatz wird ganz allgemein im Gesetz verankert. Es wird auf Verordnungsstufe zu klären sein, wie diese Grenzen am besten definiert werden.
Im Bericht des Regierungsrates vom 26. Juni 2013 zu den Massnahmen ASP 2014 werden Kosteneinsparungen von 3,2 Mio. Franken ab dem Jahr 2016 veranschlagt, wobei heute noch offen gelassen werden muss, ob Einkommens- und Vermögensgrenzen einen solchen Spareffekt generieren. Insgesamt sind Kosteneinsparungen von 6,4 Mio. Franken ab dem Jahr 2016 vorgesehen. Da die Aufwendungen dem Lastenausgleich Sozialhilfe zugeführt werden können, reduzieren sich die Einsparungen des Kantons auf den Kantonsanteil von 3,2 Mio. Franken. Die Gemeinden werden gesamthaft ebenfalls um 3,2 Mio. Franken im Jahr entlastet.
Die maximale Dauer der Bevorschussung soll neu auf 25 Jahre festgelegt werden. Dies entspricht der Regelung im Sozialversicherungsrecht und wird von der Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und -direktoren (SODK) empfohlen. Diese Gesetzesänderung wird einen Spareffekt haben, der allerdings derzeit nicht konkret beziffert werden kann.
Mittelschulgesetz:
Regierungsrat und Grosser Rat haben sich für eine einheitliche Lösung mit einem vierjährigen Bildungsgang am Gymnasium nach dem 8. Schuljahr (Modell «Quarta») ausgesprochen. Auf den 1. August 2017 soll der gymnasiale Unterricht im 9. Schuljahr im deutschsprachigen Kantonsteil neu einheitlich an den Gymnasien angeboten werden. Somit ist nur noch eine Klassenzusammensetzung zu Beginn des Gymnasiums nötig. Dies ermöglicht es, das Schwerpunktfach von Beginn an und vier Jahre lang zu unterrichten. Die restlichen Unterrichtsfächer können besser auf die einzelnen Gymnasialjahre verteilt werden. Das Modell „Quarta“ bietet die Möglichkeit, die Bildungsqualität des Gymnasiums weiter zu steigern und die Mobilität weiter zu vereinfachen. Im französischsprachigen Kantonsteil wird das erste der vier gymnasialen Jahre weiterhin in der « section préparant aux écoles de maturité » an den Volksschulen angeboten.
Für Schülerinnen und Schüler, welche noch etwas mehr Zeit für die persönliche Entwicklung benötigen oder die aufgrund ihres Alters noch nicht einen weiten Schulweg von ihrem Wohnort zum nächstgelegenen Gymnasium zurücklegen können, besteht weiterhin die Möglichkeit, aus der 9. Klasse in das erste Jahr des Gymnasiums einzutreten. Das Übertrittsverfahren aus dem 9. Schuljahr ist identisch mit dem aus dem 8. Schuljahr und kann ohne Gesuch und ohne spezielle Bewilligung durchlaufen werden. Diese Flexibilität entspricht auch der heute geforderten individualisierten Zeit für das Durchlaufen der einzelnen Bildungsstufen.
Die Schaffung eines durchgehenden vierjährigen gymnasialen Bildungsgangs im deutschsprachigen Kantonsteil erlaubt es, die hohe Lektionenzahl im zweiten und dritten Jahr des Bildungsgangs zu reduzieren. Es ist dadurch möglich, ohne Qualitätsverlust pro Klasse des zweiten, dritten und vierten Jahrs des gymnasialen Bildungsgangs drei Lektionen pro Woche einzusparen. Dies ermöglicht jährliche Einsparungen im Umfang von 5,5 Mio. Franken.
Gleichzeitig mit der Einführung des Modells «Quarta» lanciert die Erziehungsdirektion Massnahmen zur Stärkung des 9. Schuljahrs an den Volksschulen. Damit will sie sicherstellen, dass auch die Schülerinnen und Schüler, die eine Berufsausbildung ins Auge fassen, optimal vorbereitet sind. Sie hat eine Hilfestellung herausgegeben, die den Schulen mehr Handlungsspielraum für eine bedürfnisorientierte Unterrichtsgestaltung im 9. Schuljahr ermöglichen. Das Modell „Quarta“ kann für die Sekundarschulen eine Chance darstellen, um noch gezielter auf die Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler einzugehen, die eine berufliche Grundbildung anstreben.
Mit der Reduktion des Schulpensums zwischen dem 2. und 4. Jahr fallen an den Gymnasien für die Lehrkräfte Lektionen im Umfang von 30 Vollzeitstellen weg. Für den Bereich der obligatorischen Schulzeit wird eine Verschiebung von Stellen von der Volksschule an die Gymnasien erfolgen, was keine Verringerung der Anstellungsprozente zur Folge hat, aber eine sorgfältige Übergangsplanung erfordert.
Dekret über die Wassernutzungsabgaben:
Seit dem 1. August 2011 sind Wärmepumpen von den Wassernutzungsabgaben befreit. Dahinter stand die Absicht, die Nutzung der Grundwasserwärme als erneuerbare Energie indirekt zu fördern. Der Kanton setzt damit die Motion Grossen M 289/2009 vom 31. August 2009 um. Der Regierungsrat hatte sich in seiner Stellungnahme vom 20. Januar 2010 gegen die Privilegierung der Grundwasserwärmepumpen ausgesprochen – und zwar mit der folgenden Begründung, dass Grundwasserpumpen zwar klimafreundlich und aus energiepolitischer Sicht grundsätzlich unterstützenswert seien, gleichzeitig auch dem Schutz des Grundwasservorkommens als Reservoir für die sichere Trinkwasserversorgung Rechnung getragen werden müsse. Jede Grundwasser-Wärmepumpe sei auch ein Eingriff in das Grundwassersystem und könnte das Grundwasser und den Boden in physikalischer, chemischer und bakterieller Hinsicht beeinträchtigen. Angesichts dessen dürfe keine Gruppe bevorzugt werden.
Der Grosse Rat ist den Argumenten des Regierungsrats damals nicht gefolgt und hat die Motion angenommen, was zur erwähnten Änderung des Wassernutzungsdekrets und zu Mindereinnahmen von mehreren Hunderttausend Franken jährlich beim Kanton geführt hat. Wird die Privilegierung der Wasser-Wasser-Wärmepumpen durch die Streichung jetzt wieder aufgehoben, führt dies ab 2015 zu Mehreinnahmen beim Kanton von rund einer halben Million Franken pro Jahr.
Die Abgabe verteuert die Nutzung der Grundwasserwärme wiederum. Dies geschieht aber nicht in einem Ausmass, dass volkswirtschaftliche Einbussen resultieren. Grundwasserwärmepumpen bleiben auch nach Wiedereinführen der Abgabepflicht eine günstige Form der Heizung, so dass die in diesem Sektor tätigen Unternehmen kaum mit einem Umsatzrückgang rechnen müssen.
Die einmalige Abgabe beträgt für ein modernes, gut isoliertes Einfamilienhaus durchschnittlich rund 210 Franken (Annahme Entnahmeleistung 35 Liter pro Minute), für ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen 900 Franken (Annahme Entnahmeleistung 150 Liter pro Minute). Die wiederkehrende Gebühr für ein Einfamilienhaus beträgt damit alljährlich ca. 70 Franken pro Jahr, für ein Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen – basierend auf dem jeweiligen Verbrauch – rund 275 Franken pro Jahr, wenn die Wärmepumpe rund ein Drittel des Jahres in Betrieb ist.
Gesetz über die öffentliche Sozialhilfe:
Mit der Streichung von Art. 33 des Sozialhilfegesetzes (SHG) und der Aufhebung des Zuschusses nach Dekret (ZuD) wird die am 13. Juni 2013 überwiesene Motion 269-2012 Ueli Studer (Niederscherli, SVP) umgesetzt.
Das Dekret über Zuschüsse für minderbemittelte Personen trat 1971 in Kraft und wurde zuletzt im Jahre 1998 einer Revision unterzogen. Gemäss Artikel 33 des Sozialhilfegesetzes werden an Personen mit Anspruch auf Leistungen der Alters- und Hinterlassenenversicherung (AHV) oder der Invalidenversicherung (IV) anstelle der im Sozialhilfegesetz vorgesehenen wirtschaftlichen Hilfe Zuschüsse nach Dekret ausgerichtet. Bei der Einführung des Sozialhilfegesetzes auf das Jahr 2002 wurde das Zuschussdekret nicht revidiert.
Anlässlich der Teilrevision des SHG auf das Jahr 2012 wurde aufgrund der schwindenden Bedeutung eine Abschaffung des Zuschusses nach Dekret diskutiert. Der Regierungsrat verzichtete indessen darauf, das ZuD aufzuheben, weil sowohl die Pro Infirmis wie auch die Kantonale Behindertenkonferenz darauf hinwiesen, dass dies in einzelnen Fällen für die Betroffenen zu schwierigen Situationen führen kann.
Die erwähnten Bedenken sind aus Sicht des Regierungsrats berechtigt, prekäre Situationen lassen sich aber mit anderen Massnahmen überbrücken. Die betroffenen Personen können Sozialhilfe beantragen oder bei einer Organisation wie der Pro Infirmis oder der Pro Senectute ein Gesuch um finanzielle Unterstützung einreichen. Die Sozialhilfestatistik 2012 zeigt, dass im Kanton Bern noch gut 1000 Personen Zuschüsse nach Dekret in Anspruch nahmen.
Mit der Aufhebung des Zuschusses auf das Jahr 2015 können ab dem Jahr 2016 rund 3 Mio. Franken gespart werden. Da die Aufwendungen für Zuschüsse in den Lastenausgleich kommen, werden der Kanton und die Gemeinden im gleichen Umfang entlastet.
Abgekürztes Vernehmlassungsverfahren
Das Vernehmlassungsverfahren dauert vom 12. Dezember 2013 bis am 17. Januar 2014. Damit die Vorlagen zeitgerecht umgesetzt werden können, müssen sie vom Grossen Rat in der Junisession 2014 verabschiedet werden. Aufgrund der zeitlichen Dringlichkeit muss deshalb die Vernehmlassungsfrist, die üblicherweise drei Monate beträgt, abgekürzt werden.