Der Regierungsrat des Kantons Bern hat die Vernehmlassungsvorlage des Bundes zum Bundesgesetz und der Verordnung über Zweitwohnungen grundsätzlich positiv zur Kenntnis genommen. Sie setzt die Hauptforderung der Zweitwohnungsinitiative um, den Bau von neuen unbewirtschafteten Zweitwohnungen in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von mehr als 20 Prozent zu beschränken. Die Vorlage berücksichtigt in weiten Teilen auch die Anliegen des Kantons Bern. Die Vollzugstauglichkeit einzelner Bestimmungen wird sich jedoch erst in der Praxis zeigen. Zudem sollten einzelne Punkte der Vorlage noch optimiert werden.
Besitzstand für bestehende Wohnungen muss gesichert sein
Die Umsetzung des Zweitwohnungsartikels darf in den Tourismusregionen nicht zu einem Wertzerfall von bestehenden Wohnungen führen. Der Besitzstand muss vollumfänglich gewahrt bleiben. Zudem muss es bei der Sanierung bestehender Gebäude einen angemessenen Spielraum für Entwicklungsmöglichkeiten geben. Für das Baugewerbe in den betroffenen, vorwiegend ländlichen Regionen ergeben sich dadurch Aufträge, die dazu beitragen, Arbeitsplätze zu erhalten. Deshalb unterstützt der Regierungsrat bei der der Besitzstandgarantie die liberalere Hauptvariante, die einen entsprechenden Spielraum vorsieht und so beispielweise energetische Sanierungen von Gebäuden zulässt. Eine ebenfalls vorgeschlagene deutlich restriktivere Variante lehnt er klar ab und beantragt, diese ersatzlos zu streichen.
Touristisch bewirtschaftete Wohnungen dürfen nicht als Zweitwohnungen gelten
Die Initianten der Zweitwohnungsinitiative haben im Abstimmungskampf betont, dass Wohnungen von der Initiative nicht betroffen seien, die touristisch bewirtschaftet, also systematisch vermietet und damit viel stärker genutzt werden. Der Bau solcher Wohnungen soll weiterhin möglich und zulässig sein. Deshalb dürfen sie in der Gesetzgebung nicht der Kategorie der klassischen Zweitwohnungen («kalte Betten») zugeordnet werden. Der Regierungsrat beantragt, für touristisch bewirtschaftete Wohnungen eine eigene Kategorie zu schaffen, die den Erstwohnungen gleichgestellt ist. Damit wird verhindert, dass touristisch bewirtschaftete Wohnungen den Zweitwohnungsanteil der Tourismusgemeinden ungerechtfertigt erhöhen.
Massnahmenpaket für Weiterentwicklung des Tourismus ist zentral
Die volkswirtschaftlichen Auswirkungen der Zweitwohnungsinitiative sind für die Tourismusregionen gravierend. Zahlreiche Arbeitsplätze werden in den Tourismusregionen verloren gehen und die Bauinvestitionen deutlich einbrechen. Die Annahme der Zweitwohnungsinitiative hat bei potenziellen Investoren für Hotel- und Tourismusprojekte zu einer Verunsicherung geführt. Deshalb begrüsst es der Regierungsrat ausdrücklich, dass ein Massnahmenpaket zur Weiterentwicklung der Tourismuspolitik des Bundes vorgelegt wird. Die Beherbergungsförderung des Bundes soll optimiert und der Schweizer Tourismus zeitlich befristet mit einem Impulsprogramm für die Jahre 2016 bis 2019 stärker unterstützt werden. Die Tourismuswirtschaft braucht diese Unterstützung, damit sie die wegen der Zweitwohnungsinitiative entstehenden Herausforderungen bewältigen und abfedern zu kann. Dabei wird es auch darum gehen, einen nachhaltigen Tourismus zu fördern, der die Qualität intakter Landschaften im Sinn einer langfristigen Wertschöpfung anerkennt.