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17. August 2023
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Medienmitteilung des Regierungsrates
:
Verzicht auf kantonale Mehrheitsbeteiligung an der BEKB erfordert Verfassungsänderung

Ein vom Regierungsrat in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten kommt zum Schluss, dass eine Reduktion des kantonalen Mehrheitsanteils an der Berner Kantonalbank auf unter 50 Prozent ohne eine Revision der Kantonsverfassung nicht möglich ist. Ein allfälliger Verzicht auf den kantonalen Mehrheitsanteil würde demnach eine Volksabstimmung erfordern. Diese Hürde erachtet der Regierungsrat derzeit als zu hoch. Hinzu kommen weitere Gründe, welche für den Beibehalt der kantonalen Mehrheitsbeteiligung an der BEKB sprechen.

Gestützt auf einen politischen Vorstoss aus dem Grossen Rat (Motion 278-2021) hat der Regierungsrat des Kantons Bern bei Prof. Dr. Giovanni Biaggini, Ordinarius für Staats-, Verwaltungs- und Europarecht an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zürich, ein Rechtsgutachten in Auftrag gegeben. Mit diesem sollte die Frage beantwortet werden, ob sich der Kanton Bern von seiner Aktienmehrheit an der Berner Kantonalbank (BEKB) trennen kann, wenn Artikel 53 der Kantonsverfassung unverändert beibehalten wird. In Artikel 53 der Kantonsverfassung wird u.a. festgehalten, dass der Kanton zur Förderung der volkswirtschaftlichen und sozialen Entwicklung eine Bank betreibt.

Der Regierungsrat hat die Ergebnisse des Rechtsgutachtens sowie seine Haltung zu einer allfälligen Reduktion der kantonalen Beteiligung an der BEKB auf unter 50 Prozent des Aktienkapitals in einem Bericht an den Grossen Rat festgehalten und diesen in seiner Sitzung vom 16. August 2023 verabschiedet. Der Grosse Rat wird den Bericht in der Wintersession 2023 beraten.

Gutachten führt zu neuer Ausgangslage

Das Rechtsgutachten kommt zu einem klaren Schluss: Ohne eine vorgängige Revision von Artikel 53 der Kantonsverfassung kann der Kanton seinen Mehrheitsanteil nicht auf unter 50 Prozent reduzieren. Demnach wäre für einen allfälligen Verzicht auf den kantonalen Mehrheitsanteil an der BEKB eine Volksabstimmung nötig – die politische Hürde liegt damit sehr hoch.

Nach Auffassung des Regierungsrates hat sich mit Vorliegen des Rechtsgutachtens eine neue politische Ausgangslage in Bezug auf die kantonale Beteiligung an der BEKB ergeben. Bislang war nicht abschliessend klar, ob eine allfällige Reduktion des kantonalen Mehrheitsanteils an der BEKB auf unter 50 Prozent zwingend eine Verfassungsänderung und somit eine Volksabstimmung bedingen würde oder nicht. Diese Frage ist nun geklärt.

Rahmenbedingungen haben sich erheblich verändert

Eine neue Ausgangslage besteht nach Meinung des Regierungsrates in der Zwischenzeit aber auch in Bezug auf die aktuellen Rahmenbedingungen der BEKB bzw. der Finanzinstitute ganz generell. Die Turbulenzen rund um die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS haben die Rahmenbedingungen auf dem Finanzplatz Schweiz in kürzester Zeit erheblich verändert und die Bevölkerung verunsichert.

Zwar haben sich die Wogen mittlerweile wieder etwas geglättet. Für den Regierungsrat steht jedoch ausser Frage, dass das Vertrauen in den Finanzplatz Schweiz gelitten hat. Gleichzeitig bestehen immer noch viele offene Fragen. Auf Bundesebene wird deshalb eine parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) die Geschehnisse rund um die Übernahme der Credit Suisse politisch umfassend aufarbeiten.

Für den Regierungsrat ist klar, dass in einem solchen Umfeld jegliche Veränderungen am Beteiligungsanteil des Kantons an der BEKB, wie dies in der Motion 278-2021 gefordert wird, in der Bevölkerung auf grosse Skepsis stossen und bei den über 50'000 Aktionärinnen und Aktionären der BEKB Unsicherheiten auslösen würden. Daran dürfte sich kurz- bis mittelfristig kaum etwas ändern.

Regierungsrat lehnt Verzicht auf kantonale Mehrheitsbeteiligung an der BEKB derzeit ab

Der BEKB ist es gelungen, seit ihrer Krise Anfang der Neunziger Jahre mit einer kohärenten und glaubwürdigen Strategie viel Vertrauen aufzubauen. Dieses stellt letztlich das wichtigste Kapital eines Finanzinstituts dar. Umso wichtiger sind nach Auffassung des Regierungsrates auch in Zukunft verlässliche und sowohl für die Kundinnen und Kunden, die Aktionärinnen und Aktionäre wie auch für die Mitarbeitenden stabile und berechenbare Verhältnisse. Dazu gehört auf der einen Seite eine klare Trennung der politischen und unternehmerischen Verantwortlichkeiten. So verzichtet der Kanton auf eine Vertretung im Verwaltungsrat der BEKB. Auf der anderen Seite erwartet der Regierungsrat von der BEKB eine vorsichtige, nachhaltige und verantwortungsvolle Geschäfts- und Risikopolitik.

Somit sprechen aus Sicht des Regierungsrates weiterhin viele Gründe dafür, die kantonale Mehrheitsbeteiligung an der BEKB beizubehalten (starke Verwurzelung der BEKB in der bernischen Volkswirtschaft, Minderheitsbeteiligung würde Einflussnahme verringern, nachhaltige und positive Entwicklung der BEKB dank stabilen Besitzverhältnissen, Auswirkungen auf Aktionariat wären schwer abschätzbar, Beteiligung ist finanzpolitisch vorteilhaft für Kanton).

Hinzu kommt, dass der Kanton Bern in Bezug auf die Rahmenbedingungen seiner Beteiligung an der BEKB im interkantonalen Vergleich bereits heute in verschiedenen Punkten eine Vorreiterrolle einnimmt (u.a. in Bezug auf Rechtsform, Verzicht auf Staatsgarantie, keine Einsitznahme der Regierung in den Verwaltungsrat, Höhe des Beteiligungsanteils).

Der Regierungsrat erkennt demzufolge derzeit keinen Handlungsdruck, an der Höhe bzw. der Form der Beteiligung eine Anpassung vorzunehmen.

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